Das Jugendstrafrecht ist ein spezielles Rechtsgebiet für junge Menschen zwischen 14 und 18 Jahren. Auch für über 18-Jährige bis zu 21-Jährigen kann es Anwendung finden. Im Jugendstrafrecht gelten andere Regeln als im normalen Strafrecht, was insbesondere die Folgen der Tat anbelangt. Denn im Zentrum steht der sogenannte Erziehungsgedanke. Ein Jugendrichter hat hier viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten als bei einem Erwachsenen. So kann er den Jugendlichen ermahnen, Sozialstunden anordnen, ihn dazu verpflichten eine Arbeitsstelle zu finden, ihm die Freizeit über kurze oder längere Zeit entziehen uvm.
Auch das Verfahren vor einem Jugendgericht folgt anderen Gepflogenheiten. In der Regel wird von dem jungen Menschen erwartet, dass er sich vor dem Richter selbst äußert und Reue zeigt. Ob das der richtige Weg ist, will im Einzelfall gut überlegt sein. Dies betrifft zum einen die Frage von Schuld oder Unschuld, aber auch etwaige Eintragungen im Erziehungsregister oder Führungszeugnis oder bei Drogendelikten den Erwerb des Führerscheins.
Im Jugendstrafrecht gibt es kein Schema F. Es gibt große Ermessensspielräume der Justiz. Ein guter Rechtsanwalt in Jugendstrafsachen verfügt daher über eine lange Erfahrung und die Bereitschaft auch im Jugendstrafrecht, wenn es erforderlich ist, hart für die Interessen seines Mandanten zu kämpfen.
- Warum sollte ich gerade einen Strafverteidiger Ihrer Kanzlei im Jugendstrafrecht beauftragen?
- Für wen gilt das Jugendstrafrecht?
- Kann man auch als unter 12- oder 13-jährige Person für eine Straftat verfolgt werden?
- Was muss ich tun, wenn ich eine Vorladung der Polizei erhalten habe?
- Soll ich gegenüber der Polizei Angaben machen, wenn bei mir zu Hause durchsucht wird?
- Welche Sanktionen drohen mir?
- Muss ich eine Haftstrafe vollständig absitzen?
- Was ist die Jugendgerichtshilfe?
- Sollte ich zu dem Gespräch mit der Jugendgerichtshilfe gehen?
- Kommen die Straftaten eines Minderjährigen ins Erziehungsregister oder gar ins Führungszeugnis? Wann werden die Einträge gelöscht?
Warum sollte ich gerade einen Strafverteidiger Ihrer Kanzlei im Jugendstrafrecht beauftragen?
Eine Verteidigung im Jugendstrafrecht setzt zunächst voraus, dass sich der Verteidiger in der speziellen Materie auskennt. So weichen die Regeln des Jugendstrafrechts von denen des Erwachsenenstrafrechts erheblich ab. Auch innerhalb des Jugendstrafrechts existieren noch einmal verschiedene Regeln, je nachdem, ob der junge Mensch zwischen 14 und 18 oder zwischen 18 und 21 Jahren alt ist. Fachanwälte für Strafrecht unterliegen außerdem einer jährlichen Fortbildungspflicht auf dem Gebiet des Strafrechts, sodass wir auch im Bereich des Jugendstrafrechts selbstverständlich jederzeit auf dem aktuellen rechtlichen Stand sind.
Als Rechtsanwälte, die ausschließlich auf dem Gebiet des Strafrechts tätig sind, hatten wir über viele Jahre hinweg die Gelegenheit jugendliche Straftäter zu betreuen, sei es im Ermittlungsverfahren, vor Amts- oder Landgerichten, in der Untersuchungshaft oder in der Strafvollstreckung. So haben wir erreicht, dass in zahlreichen Verfahren ohne Anklageerhebung von der Verfolgung abgesehen wurde oder nach Anklageerhebung ein Freispruch erfolgte oder das Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt wurde. Aber auch bei schwereren Tatvorwürfen haben wir Mandanten gerade so noch einmal zu einer Bewährungsstrafe verholfen oder sogar in Fällen von Vergewaltigung erreicht, dass der Mandant lediglich einen Entschuldigungsbrief schreiben musste oder drei Termine bei dem Verein Brücke e.V. wahrnehmen musste.
Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung wissen wir, dass es bei der Betreuung solch junger Menschen einer besonderen Feinfühligkeit und eines besonderen Gespürs für ihre Bedürfnisse bedarf, die wir unseren Mandanten von Herzen gern entgegenbringen.
Für wen gilt das Jugendstrafrecht?
Das Jugendstrafrecht finden bei der Begehung von Straftaten durch Jugendliche im Alter zwischen 14 und unter 18 Jahren Anwendung.
Auf Personen, die zwischen 18 und unter 21 Jahre alt sind, sogenannte „Heranwachsende“, kann das Jugendstrafrecht Anwendung finden, wenn sie nach der sittlichen und geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstanden oder es sich um eine Jugendverfehlung handelt (§ 105 Abs. 1 JGG).
In einem Großteil der Fälle findet das Jugendstrafrecht auch auf solche Heranwachsende Anwendung.
Auf das Hinarbeiten auf die Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts ist bei der Verteidigung von Heranwachsenden ein besonderes Augenmerk zu legen, da die Anwendung von Jugendstrafrecht deutlich weniger streng als die Anwendung von Erwachsenenstrafrecht ist.
Kann man auch als unter 12- oder 13-jährige Person für eine Straftat verfolgt werden?
Nein. Als unter 14-jährige Person ist man nicht schuldfähig, § 19 StGB. Das bedeutet, dass das Kind weder angeklagt werden kann, noch wegen einer Straftat verurteilt werden kann.
Nichtsdestotrotz sind eine Bandbreite von Maßnahmen seitens des Familiengerichts möglich, wie z.B. die Erziehung in einer Tagesgruppe oder die Vollzeitpflege in einer anderen Familie bis hin zur Unterbringung in einem Heim oder einer geschlossenen Einrichtung (§§ 28 ff. SGB VIII). Eine Unterbringung, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, darf immer nur angeordnet werden, wenn dies zur Abwendung einer erheblichen Selbst- oder Fremdgefährdung des Kindes erforderlich ist.
Was muss ich tun, wenn ich eine Vorladung der Polizei erhalten habe?
Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte ein Strafverteidiger eingeschaltet werden, am besten ein Fachanwalt für Strafrecht, der die notwendigen Fortbildungen absolviert und eine große Anzahl von Fällen in dem Gebiet des Strafrechts bearbeitet hat.
In jedem Fall sollte der junge Mensch gegenüber der Polizei keine Angaben machen und den Termin am besten durch den Strafverteidiger absagen lassen. Ansonsten droht die Gefahr, dass er (unwissentlich) belastende Angaben macht, die in dem Strafverfahren kaum mehr aus der Welt geschafft werden können.
Soll ich gegenüber der Polizei Angaben machen, wenn bei mir zu Hause durchsucht wird?
Gegenüber der Polizei sollten in keinem Fall Angaben zur Sache gemacht werden, ohne Rücksprache mit einem Strafverteidiger gehalten zu haben. Hintergrund ist, dass ansonsten die Gefahr besteht, dass belastende Angaben gemacht werden, die in dem Verfahren kaum mehr aus der Welt geschafft werden können. Auch sollte der Polizei der PIN von elektronischen Geräten, wie Handy und Laptop, nicht mitgeteilt werden.
Welche Sanktionen drohen mir?
Im Jugendstrafrecht steht die Erziehung des jungen Menschen im Vordergrund, nicht so sehr die Bestrafung, weshalb es auch andere Sanktionen als im Erwachsenenstrafrecht gibt. Welche Erziehungsmaßregel verhängt wird, kommt insbesondere auf die Schwere der Tat an (z.B. ist eine Körperverletzung schlimmer als eine Beleidigung), ob der junge Mensch schon vorbestraft ist, ob er geständig ist und Reue zeigt, und vieles mehr.
Bei geringfügigen Straftaten besteht die Möglichkeit, von einer Verfolgung abzusehen – sowohl bevor es zu einer Anklage kommt als auch nach einer Anklageerhebung, indem das Verfahren ohne die Verhängung von Sanktionen eingestellt wird. Dies ist uns bereits mehrfach bei Fällen von wiederholtem sexuellem Missbrauch von Kindern gelungen.
Folgende Sanktionen existieren im Jugendstrafrecht:
Es ist zwischen „Erziehungsmaßregeln“, sogenannten „Zuchtmitteln“ und der „Jugendstrafe“ zu unterscheiden.
1. Erziehungsmaßregeln
Unter Erziehungsmaßregeln fallen insbesondere Weisungen. Weisungen sind Gebote und Verbote, welche die Lebensführung des Jugendlichen regeln und dadurch seine Erziehung fördern und sichern sollen.
Hierunter fallen z.B.:
- bei einer Familie oder in einem Heim zu wohnen,
- eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle anzunehmen,
- Arbeitsleistungen zu erbringen („Sozialstunden“),
- sich einem Betreuungshelfer zu unterstellen,
- sich zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich),
- an einem Verkehrsunterricht teilzunehmen.
2. Zuchtmittel
Unter sogenannte Zuchtmittel fallen Verwarnungen, Auflagen und Jugendarrest.
Bei der Verwarnung wird der junge Mensch von einem Richter zurechtgewiesen und vor den Folgen weiterer Straftaten gewarnt. Dabei handelt es sich um die mildeste Maßnahme.
Folgende Auflagen können erteilt werden:
- Wiedergutmachung des Schadens,
- Persönliche Entschuldigung bei dem Verletzten,
- Erbringung von Arbeitsleistungen („Sozialstunden“),
- Zahlung eines Geldbetrags zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung.
Im Fall der Verhängung eines Jugendarrests wird der junge Mensch für eine bestimmte Zeit in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht. Dabei kann es sich um einen Freizeitarrest handeln, der ein oder zwei Wochenenden beträgt. Der längstmögliche Arrest beträgt vier Wochen am Stück.
3. Jugendstrafe
Bei schwereren Straftaten kann in seltenen Fällen eine Jugendstrafe verhängt werden (§§ 17 ff. JGG).
Sollte die Jugendstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, muss der junge Mensch in Haft.
Eine Aussetzung zur Bewährung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren im Raum steht und eine positive Sozialprognose gestellt werden kann (§ 21 JGG). Das bedeutet, dass das Gericht überzeugt werden muss, dass der Jugendliche auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs künftig einen „rechtschaffenen Lebenswandel“ führen wird.
Die Bewährungsstrafe kann widerrufen werden, wenn der junge Mensch in der Bewährungszeit eine Straftat begeht oder gegen Weisungen oder Auflagen verstößt.
Im Jugendstrafrecht gibt es, abweichend vom Erwachsenenstrafrecht, auch die Möglichkeit einer Vorbewährung (§ 57 JGG) oder eines Schuldspruchs (§ 27 JGG), deren Wirkungsweise gern im Rahmen einer Erstberatung erläutert werden kann.
Die Jugendstrafe beträgt mindestens 6 Monate und darf in der Regel 10 Jahre nicht überschreiten. Lediglich bei einem Mord durch einen Heranwachsenden (zwischen 18 und 21 Jahren) beträgt das Höchstmaß 15 Jahre (§ 105 Abs. 3 S. 2 JGG).
Muss ich eine Haftstrafe vollständig absitzen?
Es besteht die Möglichkeit vor dem Strafende aus der Haft entlassen zu werden, sodass der Rest der Strafe zur Bewährung ausgesetzt wird (§ 88 JGG). Je nach Schwere der Straftat und je nach Verhalten und Entwicklung in Haft, ist eine Entlassung frühestens nach 6 Monaten möglich, die bei Vorliegen besonders wichtiger Gründe jedoch unterschritten werden kann.
Bei einer Jugendstrafe von mehr als einem Jahr ist die Entlassung nur zulässig, wenn der Verurteilte mindestens ein Drittel der Strafe verbüßt hat. In der Praxis wird bei Erstverbüßern überwiegend bei 7/12 der Jugendstrafe der frühestmögliche Termin zur Entlassung gesetzt. In den übrigen Fällen wird regelmäßig geprüft, ob eine Entlassung nach 2/3 der Strafe in Betracht kommt.
Was ist die Jugendgerichtshilfe?
Die Jugendgerichtshilfe ist eine Abteilung die dem Jugendamt angesiedelt ist (§ 38 JGG). Sie hat in einem Jugendstrafverfahren zahlreiche Aufgaben.
Die Jugendgerichtshilfe wird in dem Moment tätig, in dem eine polizeiliche Meldung über einen Tatverdacht gegen einen jungen Menschen beim Jugendamt eingeht, also ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Eine Betreuung des jungen Menschen ist bis zum Abschluss der Vollstreckung einer Strafe möglich.
Ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe ist in der Hauptverhandlung regelmäßig anwesend und macht nach Abschluss der Beweisaufnahme einen Ahndungsvorschlag, also welche Sanktion der junge Mensch erhalten soll.
Sollte ich zu dem Gespräch mit der Jugendgerichtshilfe gehen?
In der Regel erhält der junge Mensch im Laufe des Ermittlungsverfahrens eine Einladung zu einem Gespräch bei der Jugendgerichtshilfe. Darin wird die Jugendgerichtshilfe versuchen mit dem jungen Menschen über die ihm vorgeworfene Straftat zu sprechen, und ihn zu seinem Entwicklungsverlauf und seinen persönlichen Verhältnissen zu befragen (also Schulbildung, Freizeitgestaltung, etc.).
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Jugendgerichtshilfe nicht der Schweigepflicht unterliegt und kein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Deshalb ist mit einem Strafverteidiger genau abzuwägen, ob eine solche Einladung der Jugendgerichtshilfe nachgekommen wird und falls ja, welche Angaben gemacht werden und ob dies in Begleitung des Strafverteidigers erfolgen soll oder nicht.
Kommen die Straftaten eines Minderjährigen ins Erziehungsregister oder gar ins Führungszeugnis? Wann werden die Einträge gelöscht?
Das Erziehungsregister wird vom Bundeszentralregister geführt. Es enthält aus dem Bereich des Strafrechts alle nach dem Jugendgerichtsgesetz vorwerfbaren Verfahrensabschlüsse unterhalb der Jugendstrafe (§§ 60 bis 64 BZRG), also Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel, aber auch das Absehen von einer Strafverfolgung oder die Einstellung des Verfahrens.
Eintragungen im Erziehungsregister dürfen grundsätzlich nur anlassbezogen insbesondere folgenden Stellen mitgeteilt werden:
- Strafgerichten und Staatsanwaltschaften,
- Justizvollzugsbehörden,
- Vormundschaftsgerichten und Familiengerichten,
- Jugendämtern.
Eintragungen im Erziehungsregister werden zum 24. Geburtstag des jungen Menschen entfernt, wenn nicht im Zentralregister eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe, Strafarrest, Jugendstrafe oder eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung eingetragen ist.
Der junge Mensch darf sich trotz Eintragungen ins Erziehungsregister als unbestraft bezeichnen, es sei denn, die Straftat führt zu einem Eintrag ins Führungszeugnis.
Es gibt zwei verschiedene Arten von Führungszeugnissen, eines für den privaten Gebrauch und ein Behördenführungszeugnis, welche für Bewerbungen benötigt werden. Hierin werden schwerwiegendere Straftaten eingetragen, wie beispielsweise eine Jugendstrafe. Dabei werden in das Behördenführungszeugnis mehr Informationen als in das Führungszeugnis für den privaten Gebrauch eingetragen. Insoweit bestehen zahlreiche Regeln, Ausnahmen und Rückausnahmen, wann eine Straftat in das Führungszeugnis aufzunehmen und wann sie wieder zu löschen ist. All dies kann in einem persönlichen Gespräch mit einem unserer Strafverteidiger geklärt werden.
